Machtübernahme - kein Abschied

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 24.05.1979 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Lukas 24, 50-53

 

Unser Text steht in Lukas 24, 50-53 – die letzten Verse im Lukasevangelium.

50 Jesus führte seine Jünger aber bis nach Bethanien hinaus und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf zum Himmel. 52 Sie aber beteten ihn an und kehrten dann mit großer Freude nach Jerusalem zurück 53 und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Herr, erkläre uns selbst dein Wort. Amen. Abschiedsstunden sind traurige Augenblicke. geht’s Ihnen auch so ans Herz wie mir? Wenn man dann einen Zeitabschnitt abschließen muss und von lieben Menschen weggehen. Dann erinnert man sich noch einmal all der netten Augenblicke, der netten Stunden, die man miteinander hat, und dann heißt es, sich zu trennen. Ein letztes Mal wird die Hand geschüttelt, man blickt zurück. Auf Wiedersehen. Und wenn es dann gar heißt, man wird sich nie mehr wiedersehen, ein Abschied für immer. Wer weiß? Ob wir uns noch einmal wiedersehen? Ich kannte einen originellen Mann. Der war auch so im Gefühl leicht berührbar, und ihn hat das immer mächtig geschlaucht, diese ewig nicht endenden Abschiede. Und er hat dann immer bei diesem Händeschütteln hin und her, und wenn es wieder kam, und also noch einmal auf Wiedersehen, wenn man sich doch nicht voneinander losreißen konnte, rief er mit harter Stimme: Geht mit Gott, aber geht! Also, macht mal Schluss mit diesem ewigen herzzerreißenden Abschied, ich halt das gar nicht aus. Was hier steht, ist noch viel merkwürdiger. Als Jesus von seinen Jüngern Abschied nimmt, und er von ihnen geschieden war, da heißt es, sie waren voll großer Freude, priesen und lobten Gott. Ja, wie ist das zu verstehen, da kommt man nicht mit. Da hat ein Prediger gesagt: Das ist ja wie bei den dummen Schwiegermutter-Witzen! Wo man sagt schließlich, die böse Schwiegermutter kam und dann brachte die Familie zum Bahnhof und endlich, endlich setzt sich der Zug in Bewegung und die Schwiegermutter ist weg, sie waren aber fröhlich, dass sie endlich fort war. Wie ist das denn bei den Jüngern? Sind sie denn froh, dass Jesus weg ist? So kann man doch das nicht verstehen! Aber es steht doch hier: Sie priesen und lobten Gott. Sie waren voll großer Freude. Da merken wir, wie falsch wir so einen Abschnitt lesen. Die Himmelfahrtsgeschichte hat doch nichts mit Abschied zu tun! Ich habe das lange Zeit auch missverstanden. Es geht doch gar nicht um einen Abschied. Im Gegenteil! Es ist doch jetzt sogar so, dass Jesus seinen Jüngern noch viel näher kommt, als vorher! Diese Himmelfahrtsgeschichte ist kein Abschied, sondern die Berichterstattung von der Machtübernahme Jesu. Die ganze Macht in der Welt hat Jesus nun übernommen, und darum ist der Himmelfahrtstag ein ganz großer Freudentag und Jubeltag der Gemeinde Jesu, und ich will Ihnen danken, dass Sie heute Morgen sich aufgemacht haben, und zum Gottesdienst gekommen sind. Das ist für viele von uns heute verdeckt. Wir wollen das heute Morgen neu entdecken, was da geschieht in dieser Machtübernahme Jesu.

Das erste, was uns in diesem knappen Bericht erzählt wird: Jesus ist wirklich der Herr. Von jetzt ab. Ich wundere mich, was Lukas kann. Mit ein paar Sätzen hat er dieses große Ereignis festgehalten, und wenn Sie das wichtigste und wesentliche gleich sehen wollen, das kenne Sie aus der kleinen Andeutung: Die aber beteten ihn an. Das Wort, das hier steht für Anbetung ist ein ganz deutliches Wort, das in der Bibel nur gebraucht wird zur Anbetung Gottes. Wenn Menschen niederfallen und den ewigen allmächtigen Gott anbeten. Es kommt noch in der Bibel vor, wenn Heiden vor ihren Götzen knien, dass die einzige Verwendung dieses Wortes, sie beteten an. Als o nicht bloß, sie himmelten ihn an, oder, sie verehrten ihn. Sondern, sie fielen vor ihm nieder, und riefen Jesus, ihren Herrn an. Wenn wir dies Wort Jesus, der Herr, gebrauchen, ist uns das ja nie geläufig, weil wir das Wort Herr, wir im Englischen „Mister“, abgegriffen benützen, als ob es ebenso eine alltägliche Floskel wäre. In der Bibel ist auch das Wort „Herr“ von ganz tiefer Bedeutung. Sechstausendmal kommt im Alten Testament „Herr“ als eine Bezeichnung des ewigen Gottes vor. Und der Herr teilte die Fluten des Jordan. Und der Herr redete zum Volk. Es ist dann immer ein Wort, das nur von Gott gebraucht wird. Und wenn dieser Ehrentitel auch Jesus angewandt wird, ist dies immer eine Hoheitsaussage des allergrößten Ranges. Hier wird Jesus als der Sohn Gottes verehrt und angebetet. Das ist ja die tiefe Bedeutung des Himmelfahrtsfestes, dass wir heute zusammengekommen sind, um Jesus als den ewigen Sohn Gottes anzubeten, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gehört. Und es ist kennzeichnend für uns heute, dass die Entleerung des Himmelfahrtsfestes einhergeht mit der Entleerung des Verständnisses von Jesus als dem ewigen Gottessohn. Wo die Christenheit das Wissen verliert, dass ich zu Jesus beten kann, und dass er von Gott als der Sohn mit der ganzen Vollmacht ausgerüstet ist, da verliere ich natürlich auch die Freude am Himmelfahrtsfest. Da wird dies zu einer Verlegenheit für die Christen. Während des Erdenlebens war das nur ganz wenigen Menschen bewusst, dass Jesus Herr ist. Petrus hat es ausgerufen nach diesem wunderbaren Fischzug, als er aus dem Kahn stieg und vor Jesus sich auf den Boden warf und sagte: Herr, geh weg von mir. Ich bin ein sündiger Mensch. Er stand unter dem ganz schweren Eindruck: Da ist Gott selbst in Jesus vor mir und ich kann vor den heiligen Gott nicht treten. Da ruft er ihn: Herr, bekennt ihn als den Herrn. Und dann erleben wir es, dass die dunklen dämonischen Mächte Jesus als den Herrn erkennen. Die Mächte der Finsternis haben es geahnt. Als Jesus seine Jünger einmal interviewte: Wer bin ich denn, was sagen die Leute, und was sagt ihr, wer ich bin? Da ist es der Petrus, der das in einer kühnen Schnelligkeit herausschießen lässt: Du bist Christus, du bist der ewige Herr, der Sohn Gottes. Jesus weist ihn gleich darauf hin: Das hast du nicht aus deinem Kopf. Sondern das Bekenntnis zu ihm als dem Herrn, das kann man nur in der Kraft des Geistes Gottes sagen. Darum ist es auch bei uns oft heute so still geworden, und wir haben weithin ein Problem im Christentum, wo man Fragen stellt und sagt: Ich komm nicht klar über Jesus. Das darf Sie nicht überraschen. Das ist bei uns allen so, dass wir im Glauben an Jesus, den Herrn gar nie klarkommen können von unserem Denken her. Wir stoßen uns an unseren Begriffen, an unserem Verständnis, an unserem engen Blick. Aber da hat Jesus die Gabe seines Heiligen Geistes versprochen. Menschen, die seinen Heiligen Geist haben, die können Jesus als den Herrn anbeten und erkennen. Niemand kann Jesus einen Herrn heißen ohne durch den Heiligen Geist. Ach, wenn das wieder unter uns als Christen durchbrechen würde, heute vom Himmelfahrtsfest her, dass wir fröhlich unsere Straße ziehen und sagen: Was macht das jetzt noch aus, wenn ich mit meinem Leben auch die nötigen und unnötigen Leiden und Querelen tragen muss, wenn mir auch Lasten auferlegt sind, ich weiß doch, der Herr zieht mit mir. Der große, mächtige Hand, in dessen Hand ich bin, und was soll ich mich noch fürchten? Um mich her kann die Hölle toben und der Teufel kann wüten, ich bin doch behütet und bewahrt und in der starken Hand Jesu. Ich wollte Ihnen jetzt noch ein bisschen biblische Unterweisung geben, wie das überhaupt ist mit der Herren-Autorität Jesu. Wir müssen da in die Bibel hineinsehen, und das, was wir da gerade in der Schriftlesung gehört haben, gehört ganz eng dazu. Jesus kommt aus der himmlischen Machtfülle. Durch ihn ist die ganze Welt geschaffen. Das ist eine Erkenntnis, die erst im Neuen Testament durch Paulus klar verkündigt wird. Er war die mächtig wirkende Hand Gottes, schon bei der Erschaffung der Welt. Jesus hat nun seine ganze Machtfülle abgelegt. Er erniedrigte sich, er entäußerte sich aller seiner Gewalt, und nahm Menschengestalt an, in Bethlehem dies kleine Kind in der Krippe. Ohnmächtig, die Eltern müssen es schützen, damit der Herodes dieses Kind nicht töten kann. Es ist ein gefährdetes Leben. Der Versucher kann es berühren, versucht, mit seinen Versuchungen, in Not bringen, er dürstet, er hungert. Und es geht hin bis zur Tötung dieses mächtigen und gewaltigen Sohnes Gottes. Darum hat ihn Gott erhöht, weil er ein Diener wurde für uns. Weil er sich soweit hinuntergegeben hat in die Ohnmacht. Darum hat ihn Gott erhöht und hat ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie. Es werden einmal vor dem Namen Jesus sich alle Knie beugen, auch die Knie der Spötter und der Lästerer. Auch derer, die ihn bekämpft haben, auch die Knie. Nur die Frage, ob es im Gericht geschieht zu unserer Verurteilung oder in der Anbetung: Ja, komm, Herr Jesu, dein will ich sein. Es ist nicht richtig, wenn Sie sagen, dass mit der Auferstehung Jesu doch Jesus schon wieder in die Machtfülle eingesetzt wurde. Nein. Auch nach der Auferstehung ist Jesus immer wieder zurückgekommen in diese begrenzte Welt. In diesen begrenzten Raum, in dem wir leben, um seine Jünger davon zu unterrichten und sie gewiss zu machen: Er ist wahrhaftig auferstanden. Er hat den Tod besiegt. Thomas, fass doch hier in seine Nägelmale hinein und glaube es. Sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Aber seit der Himmelfahrt ist Jesus ganz eingesetzt in der Machtfülle. Nun fragen natürlich gläubige Leute, aber warum kann dann in der Welt noch so viel Böses geschehen, wenn Jesus doch alle Macht und alle Gewalt hat. Jesus sitzt wirklich an den Schalthebeln der Macht. Aber er hat einen Heilsplan, den muss man kennen. Er hat seine Macht noch immer verhüllt, weil er seinen Sieg durch seine Gemeinde vollenden will. Und wenn Sie erfahren wollen, wo Jesus wirkt, dann müssen sie im Reich Gottes dabei sein. Gehen Sie heute in die Missionsgeschichte. Gehen sie in die Diakonie. Gehen Sie dorthin, wo Menschen gerungen wird. Da werden Sie die Siege Jesu und seine Gewalt und Macht tagtäglich vielfach erfahren. Und das schwere für uns: Jesus lässt draußen in der Welt das böse und die Macht der Finsternis „ausreifen“, sagten wir bei der Auslegung der Offenbarung. Er lässt die Macht der Finsternis immer mehr zu. Und der Scheidungskampf wird immer schlimmer. Und Sie werden das tagtäglich erfahren, wie unheimlich, Abgründe der Versuchlichkeit, des Bösen auch auf uns hereindringen. Und dann kommt die Frage: Wo stehen Sie? Sind Sie unter der Herrschaft Christi? Ist Ihr Leben, Ihre Familie, Ihr Beruf ein Stück des Reiches Gottes? Oder haben Sie Teil am Machtbereich der Finsternis? Und dieses Ineinander der Welt, dieses furchtbare Ringen von Licht und Finsternis, wird das gelöst in der Wiederkunft Jesu? Und gerade in der Offenbarung, wo uns ein Blick gegeben wird in diese Heilsgeschichte hinein, da sehen wir, wie unheimlich sogar diese Macht der Finsternis sind, noch einmal ein Aufbäumen, darauf zum Schluss im Weltreich des Antichristen. Wo alles unter die Macht der Finsternis gerät, und nur eine kleine Schar derer übrigbleibt, die den Gekreuzigten, das Lamm, anbeten und ihm danken. Die sich nicht mehr von diesen Weltmächten bestimmen lassen. Die unbeugsam dabei bleiben und sagen: Vor niemand will ich meine Knie beugen, als allein vor ihm. Vor keinem Mächtigen und Gewaltigen, vor keiner Zeitmode will ich mich beugen, als allein vor ihm. Das war mein erster Teil: Er ist jetzt wirklich der Herr. Sie verstehen jetzt, warum in unserer problemsüchtigen und oft auch toten Christenheit das Himmelfahrtsfest nicht mehr so gefeiert wird. Weil man den Blick für die Heilsgeschichte und für die Königsherrschaft Jesu verloren hat. Und dass in unseren Blättern und auf unseren Kanzeln Sätze erzählt werden können, als ob die Gemeinde Jesus emporgejubelt habe, und er es in Wirklichkeit gar nicht wäre, ohne dass widersprochen wird, ohne, dass uns Schamröte ins Gesicht steigt. Da wird doch die ganze Kraft unserer Botschaft zerstört. Damit lebt und stirbt die Christenheit, ob er der Herr ist. Wir jubeln ihn nicht hoch. Er sitzt auf dem Thron. Es kann nur sein, dass seine Gemeinde darüber stirbt, weil sie vergessen hat, wer ihr Herr ist. Gerade in der Offenbarung ist das so tröstlich, wenn dort der Vorhang aufgerissen wird, man hindurch sieht, durch die Dunkelheit, durch die Weltkatastrophen, durch die Kriege, durch das Elend, und dann sein Reich steht und jetzt stehen Sie vor seinem Thron und beten ihn an.

Da sind wir schon beim zweiten Punkt: Die Grenzen der sichtbaren Welt werden gesprengt. Ich hab so viel in meinem Leben gehört über die Probleme, die die Himmelfahrt aufwerfe. Und es gibt ja ganz wenige noch, die sich nicht auch den Kopf zerbrechen, wie das eigentlich mit dem biblischen Weltbild sei. Wissen sie, dass die Bibel gar kein Weltbild hat? Meinen Sie, der Lukas hätte sich das so vorgestellt, dass Jesus an einen anderen Ort gereist wäre? Meinen Sie das? Es ginge jetzt nur um einen Ortswechsel? Dass Jesus in der Atmosphäre residiert, während er vorher auf Erden war? Dann haben Sie die Bibel gründlich missverstanden. Es steht schon in meinem Neuen Testament drin, dass Jesus sagte: Ich bin bei euch! Er reist nicht an andere Örter. Das ist überhaupt nicht die Ortsfrage. Und das ist erstaunlich, dass vor zweitausend Jahren gerade die Evangelisten und Jesus selbst nicht vom ptolemäischen Weltbild beherrscht waren. Schon im Alten Testament war die Gottesvorstellung nie einem Weltbild untertan, als ob Gott oben in der Atmosphäre regiere. Lesen Sie doch Jesaja 57: Der ich wohne in der Höhe, natürlich auch in der Höhe, auch hinter den fernsten Gestirnen, und im Heiligtum, und bei denen, die zerschlagenen Herzens sind. Wo passt das ins ptolemäische Weltbild hinein? Unsre Glaubensvorstellung hat immer alle Weltbilder gesprengt. Auch unser neuzeitliches Weltbild. Das war doch der Glaube der Väter zu allen Zeiten. Schon vor dreitausend Jahren, der Glaube eines David, und vor viertausend Jahren der Glaube eines Abraham. Dass Gott in der Höhe wohnt und genau bei mir ist als der Unsichtbare, der um mich her ist, und wenn davon gesprochen wird, dass Jesus in den Himmel aufgefahren ist, ist doch immer damit gemeint jene Welt Gottes, die uns umgibt, jene unsichtbare Wirklichkeit. Die doch da ist, fortwährend um uns her. Und genau so ist doch die Aussage: „Er sitzt zur Rechten Gottes“ nicht so zu verstehen, dass irgendwo die Rechte Gottes ist, sondern das heißt doch: er ist in der Allgegenwart Gottes. Das haben doch die biblischen Schreiber überhaupt nie anders meinen können. Ich verstehe gar nicht, wie wir heute daraus ein Problem machen? Hier wird doch von uns etwas ganz Kühnes verlangt. Dass wir die sichtbare Welt, all das, was wir anfassen können, wir betasten können, so, wie ich mich selber betasten kann, wie ich dieses Pult anfassen kann, dass dies nicht das letzte Reale ist. Sondern dass in diesen Dingen, die wir mit unseren Augen sehen, eine unsichtbare Wirklichkeit, die Welt Gottes, ist. Die ich mit meinen Gedanken nicht verstehe. Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Und wenn jetzt einer wagt: Ist Jesus wirklich so von ihnen geschieden, sagen sie, warum eigentlich nicht? Meinen sie, er müsse unbedingt stillschweigend gegangen sein von seinen Jüngern? Hätte er denn in die Erde verschwinden sollen, oder wie wollen Sie es denn haben? So werden Sie ihn bei seiner Wiederkunft sehen: Aus den Wolken wiederkommen als der erhöhte Herr am Weltende. So wie wir nur umgeben sind von der  Welt Gottes. Es ist wie nur eine Papierwand dazwischen. Zwischen ihm und uns. Da sitzen wir an einem Krankenbett und wissen nicht, wie wir einen Menschen trösten sollen, und dann sagen wir einem: Komm, lass uns beten. Und wir bewegen unsere Lippen, wir brauchen nicht einmal unsere Lippen zu bewegen, unser Herr ist da und hört das. So nah leben wir mit diesem Reich Gottes. In Ihrer Todesstunde ist er so nah, dass er die Hand unter Sie legt und sie trägt. Sie dürfen sich in seinen Schutz befehlen. So nah ist das alles. Mir wurde das über meinem Vorbereiten eine solche Ermutigung, ein solcher Trost, dass ich Sie aufrufen will: Legen sie die Freude auf das kommende Reich Gottes wieder ganz neu! Es sitzen viele unter Ihnen, die haben schwere Not miterlebt, die sind dem Tod und Grauen begegnet, und die wissen gar nicht, was sie da sagen sollen. Da ist der einzige Trost, wenn Sie da sagen, es ist nicht einmal ein Paper dazwischen, zwischen diesem Reich und uns. Und wer weiß, wie lang wir leben. Gibt uns der Herr noch ein paar Tage oder Wochen oder Jahre? Wir sind ja alle sehr berührt, dass ein Kind, das hier neulich mit den Blümlein eingezogen ist, in diesen Stunden mit dem Tode ringt. Wenn das alles so nahe ist mit dieser Welt Gottes, dürfen wir uns da nicht mehr ermutigen und sagen: Lass dich doch nicht von den Augenblickserscheinungen niederdrücken! Von dem, was heute so wichtig ist: Preisentwicklung und Ölkartelle, und was es da gibt. Deine Berufsprobleme und Abitursnöte, das ist doch nicht wichtig! Wenn ich nur in dieses Reich Gottes hineinpasse. Er hat mir eine Tür aufgestoßen. Die Tür ist offen. Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten, hat Jesus einmal gesagt, und wann er in den Himmel eintritt, in diese gegenwärtige Welt Gottes, dann ist doch die Tür offen, für uns. Und das ist mir jedes Mal so, wenn Christen sterben, und wir Abschied nehmen am Grab, das ist doch nur ein Hinübergehen zur ewigen Welt Gottes. Das wir drüben ankommen, und uns der Herr die Tränen aus den Augen wischt und wir in den großen Engels-Lobgesang einstimmen können. In dem Augenblick, wo ich sterbe, darf ich in den Himmel Gottes kommen. Es steht in meiner Bibel, auch aus dem Munde Jesu, dass man Herr, Herr, sagen kann, und eine Tür zugeschlossen ist. Gott gebe es, dass Sie eine offene Tür haben. Die Tür ist offen, wo Sie durch die Vergebung, durch das Erbarmen Jesu hindurchgehen. Die Grenzen der sichtbaren Welt sind gesprengt, und darum hat das Himmelfahrtsfest für uns eine wichtige Bedeutung. Weil wir hindurchgehen können, durch das Grauen, durch diese Welt, die uns umgibt. Ich muss mich beschränken, aber ich will es Ihnen nur andeuten: Die erste Christenheit ging gleich durch sehr viel Not hindurch. Man hat ja den Petrus eingesperrt und Johannes, hat sie sehr bedroht und der Lynchjustiz ausgeliefert und gefoltert. Aber noch viel schlimmer. Bald darauf wurde Jakobus hingerichtet. Das war doch für die ersten Christen ein Schock. Warum hat Jesus, der mächtige Herr, dem alle Gewalt gegeben ist, nicht die Gefängnistüren geöffnet, wie er es doch für Petrus getan hat, er hätte es doch tun können, wie er es in Philippi später getan hat. Sie spüren nicht einmal den Hauch von einer Krise. Es hat den Christen gar nicht wehgetan. Sie waren voll Dank und Lobpreis, weil sie wissen, auch da, wo Jesu anders will, wo er scheinbar den Mächten der Finsternis zu viel Raum lässt, wie Sie es auch erfahren haben, wo er manchmal aus unserer Mitte, für uns völlig unbegreiflich, zerschlagen und töten lassen kann, auch da gilt's noch, dass ich da hindurchgehen darf in seine himmlische Welt. Darum Himmelfahrt. Für uns wird die Tür aufgemacht. Haben Sie eine offene Tür vor sich? Paulus hat sagen können: Ich habe Lust, abzuscheiden, und bei Christus zu sein. Und ich wünsche mir wieder, dass wir, wenn die Stunde an uns kommt, dass man dann an unsere Sterbebetten treten kann und dass Brüder und Schwestern her treten und uns die Hand auflegen und einen segnen zur Ewigkeit. So wie auch die Eltern dieses Kind dem Herrn segnen konnten, auch ihm hingeben konnten, dieses schwerkranke Kind. Dazu helfe uns der Herr, weil der Himmel offen steht. Weil es doch gar nicht mehr darum geht, ob ich noch mal zehn Jahre auf den Buckel kriege, auf dieser Welt. Wir sind überwältigt von der kommenden Welt Gottes, die vor uns steht. Ich kann das Schwere dieses Lebens gar nicht tragen ohne fortwährend auf die Vollendung zu blicken. Und noch ein letztes: Ich wollte drei Dinge Ihnen wichtigmachen heute zum Himmelfahrtsfest. Er ist wirklich der Herr. Die Grenzen der sichtbaren Welt sind gesprengt. Ich habe ja nur ausgelegt, was hier steht. Er schied von ihnen gen Himmel. Sie beteten ihn an.

Dass dritte, was ich noch auslegen will: er segnete sie. Als er sie segnete, schied er von ihnen. Wir haben das Wort Segnen sehr entwertet. Herzliche Segenwünsche, die wir so freimütig verteilen – was ist das, wenn wir einen Menschen segnen? Auch im Sterben noch segnen. Wenn Sie am Schluss des Gottesdienstes im Namen Gottes gesegnet werden. Das spricht uns der mächtige und erhöhte Herr zu, dass der Sie groß macht. Segnen heißt: Groß machen und preisen. Schauen Sie noch einmal diese Jünger an. Wir haben immer wieder das dumme Missverständnis, als ob das irgendwelche hünenhafte Kerle gewesen sind. Es waren ganz schwierige Problemgestalten. Leute, die nicht geschult waren für ihre Apostel-Aufgabe. Leute, die im Niederlagen erlebten wie Petrus. Und nun werden sie in die Welt gesandt. Der Petrus war doch überhaupt nicht kundig. Der war doch noch nie im Ausland gewesen, der kann das doch gar nicht. Und nun legt Jesus seine Hand auf ihn und segnet ihn. Und in dem Augenblick wird aus einem kümmerlichen unbedeutenden Menschen etwas Großes, Bedeutendes. Nehmen Sie das an der Himmelfahrt heute mit, wenn Jesus die Hand auf Sie legt. Sie können schon einen sterbenden, alten Leib haben, von dem Sie wissen, es kommt nicht mehr viel. Und Sie werden blühen und Frucht bringen, weil der Herr Sie segnet. Ihr Leben wird nicht vergeblich sein. Da sind die Apostel hinausgezogen und haben draußen ihre Predigten gehalten. Da heißt es: Der Herr war mit ihnen. Apostelgeschichte Elf, als da so Flüchtlinge, die da aus Angst aus Jerusalem weggegangen sind, als Stephanus gesteinigt war, haben sie ihre Sachen gepackt und sind ins Ausland geflohen und da haben sie ganz schüchtern angefangen, von Jesus zu erzählen, und der Herr war mit ihnen, und das Wort breitete sich aus. Ich sage das Ihnen jetzt in all Ihren gescheiterten Familienverhältnissen, in Ihren Problemen, in denen sie leben, der Herr, der seine segnende Hand auf Sie legt, macht Sie stark und mutig zum Dienst. Und dann können Sie viel wagen, ja, wir haben vorher den Vers nicht mehr gesungen in jenem Tersteegen-Lied, wo es dann heißt: Sollt ich deinen Kelch nicht trinken, weil du gen Himmel aufgefahren bist, kann ich mich auch jetzt ins Leiden wagen. Ich kann auch durch's finstere Tal ziehen. Deine segnende Hand ruht auf mir. Haben sie die segnende Hand Jesu auf sich ruhen? Gehen Sie so hin im Glauben, im Vertrauen. Am Ende des Himmelfahrtstages war nur wichtig: Seine Jünger glaubten ihm. Und in diesem Glauben zogen sie hin. Dass sie dann sagen können: Meinem König will ich trauen. Nicht vor Welt, noch Teufel grauen, nur in Jesu Namen mich beugen hier und ewiglich. Amen.